Skitourenguru

Schwierigkeitsgrade

Skitourenguru setzt auf die SAC-Skitourenskala und auf die Skala Toponeige um den Schwierigkeitsgrad von Skitouren zu beschreiben. Die SAC-Skitourenskala hat sich v.a. im deutschsprachigen Raum durchgesetzt, Toponeige ist im französisch- und italienischsprachigen Raum populär geworden. Je nach Region zeigt Skitourenguru den Schwierigkeitsgrad der SAC-Skala oder jenen von Toponeige an.

1. SAC-Skitourenskala

Die SAC-Skitourenskala ist in sieben verschiedene Grade eingeteilt ("Leicht" bis "Extrem Schwierig"), diese wiederum können durch die Angabe von +/- nochmals verfeinert werden. Hauptkriterium für eine Bewertung sind Steilheit, Ausgesetztheit, Platzverhältnisse sowie die Länge der entsprechenden Passagen. Als Hilfskritiern werden jedoch auch Komplexität der Route und die Korrigierbarkeit von Fehlern beigezogen.

Abk. Grad Steilheit Ausgesetztheit Geländeform Aufstieg und Abfahrt Engpässe in der Abfahrt Beispiele aus Berner Alpen
L (+) Leicht bis 30° keine Ausrutschgefahr weich, hüglig, glatter Untergrund keine Engpässe Niderhorn von Boltigen,
Steghorn von Lämmerenhütte,
Faulhorn von Süden,
Grünhornlücke
WS (-/+) Wenig Schwierig ab 30° kürzere Rutschwege, sanft auslaufend überwiegend offene Hänge mit kurzen Steilstufen. Hindernisse mit Ausweichmöglichkeiten (Spitzkehren nötig) Engpässe kurz und wenig steil Bunderspitz,
Arpelistock von Geltenhütte,
Sattelhorn (Kandertal),
Sattelhorn (Driest)
ZS (-/+) Ziemlich Schwierig ab 35° längere Rutschwege mit Bremsmöglichkeiten (Verletzungsgefahr) kurze Steilstufen ohne Ausweichmöglichkeiten, Hindernisse in mässig steilem Gelände erfordern gute Reaktion (sichere Spitzkehren nötig) Engpässe kurz, aber steil Männliflue von Süden,
Rinderhorn Normalweg,
Bundstock von Kandersteg,
Grosshorn von Süden
S (-/+) Schwierig ab 40° lange Rutschwege, teilweise in Steilstufen abbrechend (Lebensgefahr) Steilhänge ohne Ausweichmöglichkeiten. Viele Hindernissen erfordern eine ausgereifte und sichere Fahrtechnik Engpässe lang und steil. Kurzschwingen für Könner noch möglich Winterhore N-Flanke,
Vorder Lohner SW-Flanke,
Altels NW-Flanke Dreispitz,
Wyssi Frau NW-Rücken
SS (-/+) Sehr Schwierig ab 45° Rutschwege in Steilstufen abbrechend (Lebensgefahr) allgemein sehr anhaltend steiles Gelände. Oft mit Felsstufen durchsetzt. Viele Hindernissen in kurzer Folge Engpässe lang und sehr steil. Abrutschen und Quersprünge nötig Märe N-Couloir,
Balmhorn N-Wand direkt,
Dündenhorn S-Seite,
Lauteraarhorn,
Mönch S-Wand
AS (-/+) Äusserst Schwierig ab 50° äusserst ausgesetzt äusserst steile Flanken oder Couloirs. Keine Erholungsmöglichkeit in der Abfahrt Engpässe lang und sehr steil, mit Stufen durchsetzt, nur Quersprünge und Abrutschen möglich Mönch NE-Wand
EX Extrem Schwierig ab 55° extrem ausgesetzt extreme Steilwände und Couloirs evtl. Abseilen über Felsstufen nötig Eiger NE-Wand

 

Bemerkungen:

  1. Die Gesamtbewertung (Grad) der Skitouren entspricht dem Spitzenwert der Hauptkriterien.
  2. Bei Einbezug von Hilfskriterien wurde der Schwierigkeitsgrad um eine Drittelstufe angehoben (z.B. von WS+ auf ZS-).
  3. Ein minus (-) weist auf geringere Schwierigkeiten als der angegebene Schwierigkeitsgrad hin. Ein plus (+) auf höhere.
  4. Die Bewertung bezieht sich ausschliesslich auf den skifahrerischen Teil der Touren.

2. Toponeige

Toponeige unterscheidet fünf Schwierigkeitsgrade (Ziffer vor dem Punkt). Jeder Schwierigkeitsgrad ist nochmals in mehrere Bereiche eingeteilt (Ziffer nach dem Punkt). Toponeige beurteilt den Gesamtschwierigkeitsgrad einer Skitour, indem in erster Linie technische Parameter berücksichtigt werden. Die Exposition gegenüber Gefahren ist in eine zusatzliche Skala ausgelagert: E1, E2, E3, E4.

Abk. Grad Neigung Steilheit Ausgesetztheit Beispiele
1 Einsteiger bis 30° Es handelt sich um Skifahrergelände bei guten Platzverhältnissen. Kaum ausgesetzt gegenüber Absturz und Lawinen. Grand Rocher (Belledonne),
Pas de la Coche (Belledonne)
2 Wenig technische Schwierigkeiten bis 35° Noch kein steiles Gelände. Absturzgefährdung ist bereits gegeben. Terre-Noire - sud-ouest (Queyras),
Brèche de la Meije (Ecrins)
3 Eintritt in den Skialpinismus 35°-40° Technische Passagen, lange Passagen um 35°, kurze Passagen können auch bis 40° bzw. sogar 45° steil sein. Absturzgefährdung. Tête de l’Aupet (Dévoluy),
Charvet - face ouest (Aravis)
4 Rinnen oder steile Hänge 40°-45° Steile Hänge zwischen 40°-45° mit einer Länge mehr als 200 m. Absturzgefährdung. Grande Casse - grands couloir (Vanoise),
Couloir Davin - pic du Casset (Ecrins)
5 Sehr steile Hänge ab 45° Steile Hänge zwischen 45°-50° mit einer Länge mehr als 300 m bzw. steile Hänge ab 50° auf 100 m. Absturzgefährdung. Nord-ouest de Bionassay (Mont Blanc),
Couloir Wymper - aiguille Verte (Mont Blanc)

Exposition gegenüber Gefahren

  • E1: Ausser Steinen und Bäumen keine grossen Hindernisse. Die Exposition bezieht sich nur auf die begangenen Hänge. Man beachte die Absturzgefährdung auf hartem Schnee.
  • E2: Leicht gebogene Couloirs oder Stenblöcke inmitten der Hänge. Absturz infolge Ausgleitens wahrscheinlich, Aufprall möglich.
  • E3: Stark gebogene Couloirs mit entsprechendem Risko eines Aufpralles. Absturz infolge Ausgleitens sehr wahrscheinlich, hohes Risiko eines Aufpralles.
  • E4: Höhe Wände mit mehreren Sektionen. Sicherer Tod im Falle eines Ausgleitens.

Bemerkungen:

  1. Toponeige erlaubt es durch Angabe eines zweiten Parameters die Exposition gegenüber Gefahren zu beschreiben. Diese Zusatzinformation liegt bei Skitourenguru nicht vor.
  2. Die Bewertung bezieht sich ausschliesslich auf den skifahrerischen Teil der Routen.

3. Vorgehen beim Bewerten

Skitourenguru stützt sich auf Führerliteratur und auf Bewertungen von Bergportalen, um die Schwierigkeitsgrade festzulegen. Die Bewertung von Routen ist grundsätzlich immer subjektiv. Vor allem hängt die Schwierigkeitsbewertung aber immer auch sehr stark von den angetroffenen Verhältnissen ab. Bei den Schwierigkeitsangaben handelt es sich um Richtwerte bei guten Schnee-, Witterungs- und Sichtverhältnissen.

Die Zuordnung zwischen der SAC-Skitourenskala und der Slaka von Toponeige unterliegt einem Problem: Während dem bei der SAC-Skitourenskala die Exposition gegenüber Gefahren mitinbegriffen ist, wurde diese bei Toponeige ausgelagert. Im Sinne einer über die Kulturräume hinausgehenden Verständlichkeit ist die Zuordnung der Schwierigkeitsgrade dennoch notwendig.

4. Warnhinweis

Der Schwierigkeitsgrad einer Skitour ist eine wichtige Information bezüglich den Anforderungen, die eine Skitour stellt. Deshalb wird bei allen Skitouren, die einen Schwierigkeitsgrad grösser oder gleich ZS/3.2 aufweisen eine Warnung angezeigt:

Achtung: Routen ab ZS/3.2 (Ziemlich Schwierig) stellen hohe Anforderungen an die Ausbildung und an das Können der Schneesportler!

Damit soll nun nicht gesagt sein, dass Routen, die unterhalb eines ZS/3.2 einklassiert sind, unproblematisch seien. Skitouren finden grundsätzlich in einem alpinen Wintergeläde statt, das vielfältige Anforderungen an die Ausbildung und an das Können der Schneesportler stellt. Ab einem ZS/3.2 sind Skitouren aber definitiv anspruchsvoll.

5. Automatische Schwierigkeitsgrade

Skitourenguru hat in enger Zusammenarbeit mit Ulrich Reincke von SAS ein normatives Modell entwickelt, das es erlaubt den Schwierigkeitsgrad von Skitouren automatisch zu berechnen. Das Modell wurde mit Hilfe von Maschinellem Lernen aus 1718 manuell erfassten Skitouren der Schweiz mit "bekanntem" Schwierigkeitsgrad abgeleitet. Die Datenanalyse zeigt, dass in der Praxis bei der Vergabe von Schwierigkeitsgraden in erster Linie die Neigungen und Absturzrisiken entlang der Route berücksichtigt werden. Als Absturzrisiko wird hier das Produkt (Multiplikation) aus der Hangneigung und der Maximalgeschwindigkeit im Falle eines Absturzes definiert. Das vorgeschlagene Modell erlaubt es Schwierigkeitsgrade transparent, konsistent und unabhängig von den aktuellen Verhältnissen zu bestimmen.

Der Schwierigkeitsgrad kann mit dem folgenden linearen Modell berechnet werden:

difficulty = 0.8155 + 0.00422 * risk2s + 0.00483 * slope1s + 0.00605 * slope2s + 0.00795 * slope2f

Die Prädiktoren risk und slope geben Längen in Metern wieder:

  • risk2s: Länge der Routensegmente, bei denen der risk Wert im Bereich [1200..1500]°m/s liegt. In Betracht gezogen werden nur Routensegmente zwischen dem Startpunkt und dem Ski-Depot (s=ski). Der risk Wert ergibt sich aus dem Produkt der Hangneigung und der Maximalgeschwindigkeit im Falle eines Absturzes.
  • slope2s: Länge der Routensegmente, bei denen die Neigung im Bereich [36..40]° Neigung liegt. In Betracht gezogen werden nur Routensegmente zwischen dem Startpunkt und dem Ski-Depot (s=ski).
  • slope1s: Länge der Routensegmente, bei denen die Neigung im Bereich [26..36]° Neigung liegt. In Betracht gezogen werden nur Routensegmente zwischen dem Startpunkt und dem Ski-Depot (s=ski).
  • slope2f: Länge der Routensegmente, bei denen die Neigung im Bereich [36..40]° Neigung liegt. In Betracht gezogen werden nur Routensegmente zwischen dem Ski-Depot und dem Gipfel (f=foot).

Um die Prädiktoren berechnen zu können, muss zunächst ein Ski-Depot gesetzt werden. In der Regel kann bis zum Ski-Depot mit den Skiern aufgestiegen werden (s=ski). Vom Ski-Depot bis zum Gipfel muss in der Regel zu Fuss gegangen werden (f=foot). Das Ski-Depot wird in Abhängigkeit der Neigung und Kurvatur vollautomatisch gesetzt. Gemäss der SAC-Skitourenskala darf nur der skifahrerische Teil der Skitour berücksichtigt werden. Die Datenanalyse zeigt jedoch, dass die Autoren teilweise auch die Fusspassage im Gipfelbereich berücksichtigen. Sollen die automatisch berechneten Schwierigkeitsgrade vergleichbar sein mit den manuell zugewiesenen Schwierigkeitsgraden, muss das Modell ebenfalls bis zu einem gewissen Grad die Fusspassage mitberücksichtigen.

Offensichtlich stützt sich das Modell primär auf die Neigungen und Absturzgeschwindigkeiten entlang der Route. Geprüft wurden weitere Prädiktoren, wie Geländekurvatur, Korridorweite oder Walddichte. Es hat sich jedoch gezeigt, dass diese Prädiktoren keinen signifikanten Effekt auf den Schwierigkeitsgrad ausüben. Die vier Prädiktoren des finalen Modells stellen Längen in Metern dar. Gezählt werden die Längen jedoch nur, wenn ein spezifischer Wert innerhalb eines spezifisches Intervalls liegt. So zählt bspw. der Prädiktor slope2s die Länge aller Routensegmente im skifahrerischen Teil der Tour, bei denen die Neigung einen Wert im Bereich von [36..40]° aufweist. Die entsprechenden Intervall-Werte wurden mit Hilfe von brute-force optimiert.

Mit Hilfe einer n-fold-cross-validation kann gezeigt werden, dass der durchschnittliche Fehler ca. eine Feinstufe (z.B. von WS zu WS+) beträgt. Werden Skitouren unabhängig von unterschiedlichen Autoren manuell bewertet, beträgt der durchschnittliche Fehler ebenfalls ca. eine Feinstufe.

Weitere Details finden sich in der nachfolgenden deutsch-sprachigen Video-Präsentation.

Mit Data Science auf der Suche nach der passenden Skitour (Urlich Reincke): 36 Minuten:


Das Modell wurde an der Swiss Data Science Konferenz (2021) der Öffentlichkeit vorgestellt: