1. Gegeben
Gegeben: Ein V-förmiges Tal der Länge 8 km. Es herrscht "grosse" Lawinengefahr. Das heisst Spontanlawinen sind zu erwarten. Skitourenguru ist dennoch verrückt genug über das Tal aufzusteigen und wieder abzufahren. Da die Spur nicht geradlinig verläuft, beträgt die Streckenlänge 12 km (l=12'000m). Für den Aufstieg benötigt er 4 h (t1=4*3600s), für die Abfahrt 1 h (t2=3600s). Nun nehmen wir an, dass im Schnitt zwei (n=2) Spontanlawinen pro Stunde die Spur zudecken. Bei 5 h macht dies 10 Spontanlawinen, wovon acht im Aufstieg und zwei während der Abfahrt stattfinden. Jede dieser Spontanlawinen weist eine Breite von 200 m (b=200 m) auf. Im Bereich der Spur befinden sich die Lawinen während 30 Sekunden (tm=30s) in Bewegung.
Ansonsten hat Skitourenguru Glück: Wir nehmen an, dass er während der ganzen Skitour keine Lawinen direkt oder indirekt (per Fernauslösung) auslöst.
2. Gesucht
Gesucht: Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit p, dass der Skitourenguru von einer der Spontanlawinen mitgerissen wird?
3. Lösung
Reizt dich die Rechenaufgabe? Deinen Lösungsvorschlag kannst du an folgende Addresse schicken:
Die Wahrscheinlichkeit von einer der 10 Spontanlawinen erfasst zu werden liegt bei ca. 1 : 360. Du kannst die Werte in der Tabelle ändern; das Resultat wird sofort aktualisiert.
4. Lösungsvorschläge
Mittlerweile treffen die ersten Vorschläge ein. Herzlichen Dank an alle Teilnehmer...
- Bart Degraeuwe hat drei interessante Lösungen gefunden (Randbemerkung: Bart rechnet mit einer Länge von 8 km statt 12 km).
- S. und M. schlagen folgende Lösung vor: Wir wissen, dass 10 Lawinen während der ganzen Skitour stattfinden. Wir wissen nicht wo, wir wissen nicht wann, aber wir wissen, dass sie kommen. Aufstieg und Abstieg zusammen machen 24 km. Zehn mal 200 m machen 2 km. Von 24 km sind also 2 km ungemütlich, woraus eine Wahrscheinlichkeit von 2/24 = 0.083 folgt.
5. Fazit
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Bei einem absurden Extremszenarium (10 Lawinen, die die Spur während 5 Stunden auf insgesamt 2 km überfluten) liegt die Wahrscheinlichkeit von einer Spontanlawine erfasst zu werden bei 1 : 360. Wohlverstanden, es wäre absurd ein solches Risiko einzugehen, aber das Beispiel zeigt doch ganz anschaulich, dass selbst bei einem Extremszenarium die Ereignis-Wahrscheinlichkeit verblüffend tief ausfällt. Dies darf nicht weiter erstaunen, denn die Spontanlawine muss eben nicht nur im Ort, sondern auch in der Zeit treffen.
In einem realen Szenarium sind wir kaum auf 12 km konstant exponiert. Zudem werden wir uns hüten exponiertes Lawinengelände zu betreten, so lange die Gefahrenstufe bei "gross" liegt. Die meisten Wintersportler werden kaum jemals eine Spontanlawine beobachten, geschweige denn einer Spontanlawine begegnen, die die eigene Spur überflutet. Wer Lust hat, kann mit dem obigen Rechner realistische Szenarien nachvollziehen.
Was möchte Skitourenguru mit dieser Rechnung aussagen? Dass Spontanlawinen kein Problem sind? Nein, auf keinen Fall. Skitourenguru möchte den Blick lediglich auf das eigentliche Problem lenken: Auf Lawinen, die direkt oder indirekt (mittels Fernauslösung) von Wintersportlern ausgelöst werden. Solche Lawinen sind ursächlich für 95 % der tödlichen Lawinenunfälle. Eine Unfalllawine trifft also nicht einfach per Zufall einen Wintersportler, sondern der Wintersportler "schaufelt sich sein eigenes Grab", indem er die Lawine selber auslöst. Die Lawine kommt also nicht von oben, sondern sie befindet sich meistens unter den Skiern des Wintersportlers. Das kann nicht oft genug wiederholt werden.
6. Diskussion
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