Skitourenguru

Kernzone

1. Kritische Geländeteile (Kernzone)

Neben der Gefahrenstufe spezifizieren die Lawinenwarnungen Europas in der Regel auch die als kritisch erachteten Geländeteile. Diese sind ebenfalls unter dem Begriff Kernzone bekannt. In der Gefahrenkarte werden die besonders kritischen Geländeteile typischerweise folgendermassen dargestellt:

Kernzone

Oben stehendes Beispiel bedeutet folgendes: „Die Gefahrenstellen befinden sich vor allem an den Expositionen Süd-West über Nord bis Süd-Ost oberhalb von etwa 2200 m“.

In der Tourenpraxis hat sich eingebürgert, in den nicht speziell ausgeschiedenen Geländeteilen die Gefahr um eine Stufe tiefer anzunehmen (Ein-Stufen-Regel). Diese Faustregel hat sich mehrheitlich bewährt, hat aber wie jede Regel ihre Ausnahmen. Sie kann zur Planung einer Tour eingesetzt werden, ersetzt aber die Beurteilung im Gelände nicht, zumal die Gefahrenstufe für eine Region und nicht für einen Einzelhang gilt.

Mehr zum Thema Kernzone erfährst du unter Gefahrenstellen.

2. Die Kernzone im Skitourenguru-Algorithmus

Skitourenguru fokussiert auf die Skitouren-Planung (Filter 1 der 3x3-Regel), somit ist gerechtfertigt, dass die Ein-Stufen-Regel zur Anwendung kommt. Während der Skitour (Filter 2 und 3 der 3x3-Regel) muss der Bonus, der sich durch die Ein-Stufen-Regel ergibt nochmals in Frage gestellt werden.

Speziell muss noch auf den folgenden Fall hingewiesen werden:

Es gibt Situationen, bei denen die Lawinenwarnung alle Expositionen und alle Höhenstufe als besonders kritisch (schwarz) ausscheidet. Für den Algorithmus von Skitourenguru ist dieser Spezialfall ein Problem. "Alle Höhenstufen" schliesst auch einen kleinen, aber vielleicht steilen Hang auf 200 m.ü.M. ein. Wenn die Ein-Stufen-Regel an dieser Stelle wörtlich ausgelegt wird, dann werden teilweise Stellen als orange bzw. rot markiert, auf denen eine Lawinenauslösung unmöglich ist. Für den Algorithmus von Skitourenguru ist es deshalb wichtig in jedem Fall eine untere Höhenstufe zu spezifizieren. Doch mit welcher minimalen kritischen Höhe soll hier gearbeitet werden. Um diese Frage zu beantworten hat Skitourenguru ca. 1500 Lawinenunfälle mit Personenbezug des SLF ausgewertet. Die folgende Grafik zeigt die Häufigkeit von Lawinenunfälle mit Personenbezug in Abhängigkeit der Meereshöhe (gelbe Linie):

Elevation Distribution

Offensichtlich gibt es unterhalb 1300 m praktisch keine Lawinenunfälle. Erst ab 1600 m setzen die Unfälle ein. Der Abfall der gelben Kurve oberhalb 2700 m kann mit der geringeren Begehungshäufigkeit (blaue Kurve) erklärt werden.

Skitourenguru setzt die minimal kritische Höhe auf 1400 m an. Mit dem Übergangsbereich von +/-100 m bedeutet dies, dass erst auf 1300 m mit einer um eins tieferen Gefahrenstufe gerechnet wird. Zwischen 1300 m und 1400 m steigt die Gefahrenstufe linear an.

Nun ergibt sich aus dieser Korrektur ein Dilemma. Welche Höhenstufe soll auf der Routendetailsansicht angezeigt werden? Streng genommen müsste 0 m (bzw. der tiefste Punkt der Schweiz mit 193 m) angegeben werden. Wenn nun willkürlich 1400 m angegeben wird, dann verfälscht Skitourenguru die Information aus dem Lawinenbulletin. Anderseits hat diese Angabe aber auch den Zweck offen zu deklarieren, welche Höhe in den Algorithmus eingeflossen ist.

Skitourenguru löst das Dilemma folgendermassen: Es wird zwar 1400 m angegeben, aber der ganze Berg wird "schwarz" markiert. Diese Nuance ist zwar unauffällig, der Kompromiss kann aber beiden Anforderungen gerecht werden. Beispiel:

Kernzone

 

3. Zusammenfassung der Kernzone

In den Ostalpen (Euregio, LaPort) und in Italien (Aineva) wird die Kernzone seit ein paar Jahren für jedes Lawinenproblem gesondert angegeben. In der Schweiz (SLF) wird je eine Kernzone für 'trocken' und 'nass' publiziert. In Frankreich wird die Kernzone für das ganze Gefahrengebiet vergeben. Um die heterogene Situation in den Alpen einheitlich zu behandeln, fasst Skitourenguru deshalb die gesonderten Kernzonen zusammen. Dabei wird die Vereinigungsmenge der gesonderten Kernzonen gebildet. Sofern dem Lawinenproblem eine Gefahrenstufe beigefügt ist, werden nur die Kernzonen derjenigen Lawinenprobleme berücksichtigt, die die höchste Gefahrenstufe ausweisen.

Keine Berücksichtigung findet jedoch die dem Gleitschneeproblem zugewiesene Kernzone. Gleitschneelawinen können in der Regel nicht durch Skifahrer ausgelöst werden, denn es gibt keine Schwachschicht. Lawinenunfälle mit Gleitschneelawinen sind äusserst selten. Gleitschneesituationen müssen zwar beachtet werden, aber sie stehen nicht im Hauptfokus beim Risikomanagement von Wintersportlern. Es gibt zwei Ausnahmen, die dazu führen, dass die dem Gleitschneeproblem zugewiesene Kernzone berücksichtigt wird:

  1. Wenn Gleitschnee das einzig kommunizierte Lawinenproblem ist, dann findet die Kernzone des Gleitschneeproblems Berücksichtugung.
  2. Wenn allen Lawinenproblemen eine Gefahrenstufe beigefügt ist (Euregio, Aineva, SLF) und die Gefahrenstufe des Gleitschneeproblems sich um mindestens zwei Zwischenstufen von den Gefahrenstufen aller anderen Lawinenproblemen abhebt, dann findet ausschliesslich die Kernzone des Gleitschneeproblems Berücksichtugung.

Kernzone

Die Unterschiede zwischen den Lawinenbulletins der Alpen wurde durch die IFALP (Initiative für eine alpenweite einheitliche Lawinenprognose) thematisiert. Es mag gute Gründe für die Unterschiede im Alpenraum geben. Aus Sicht der Benutzer wäre jedoch eine einheitliche Handhabung wünschenswert.