Skitourenguru

Lawinenrisiko in Abhängigkeit der Neigung

Wie wichtig ist die Hangneigung für das Lawinenrisiko. Zu dieser Frage wurde ausführlich diskutiert und publiziert. Das SLF sammelt seit Jahrzehnten Daten zu Lawinenunfällen. Auswertungen dieser Daten zeigen, dass auf den Anrissgebieten von Unfall-Lawinen Neigungen von 35°-40° am häufigsten vorkommen:

Dieser Befund lässt aufhorchen. Warum nimmt die Häufigkeit von Lawinenunfällen oberhalb von 40° wieder ab. In der Regel wird hier angefügt, dass über 40° steile Hänge bereits entladen sind. Folgende Grafik zeigt jedoch, dass ein weiterer Grund ebenfalls einen Einfluss hat: Die Begehungshäufigkeit oberhalb von 40° nimmt stark ab. Wenig Verkehrsaufkommen bedeutet auch wenig Unfälle.

Obige Grafik zeigt drei Kurven:

  1. Orange: Die Häufigkeit von Neigungen auf 1474 Lawinenunfällen der Schweiz zw. 2001 und 2017. Die Daten zu den Lawinenausfällen stammen aus den Winterberichten des SLF. Da die Winterberichte lediglich die oberste Stelle des Lawinenanrisses aufführen, wurde für jeden Unfall eine Fall-Trajektorie von 60 m berechnet. Alle auf dieser Fall-Trajektorie vorgefundenen Neigungen wurden für das Häufigkeitsdiagramm beigezogen. Der Peak liegt hier bei ca. 36°, d.h. bei dieser Neigung ist die Häufigkeit von Unfall-Lawinen am höchsten.
  2. Blau: Seit etlichen Jahren sammelt Skitourenguru GPS-Tracks von real begangenen Skitouren. Diese Tracks geben ein Bild des von der Skitouren-Comunity aufgesuchten Geländes. Der Peak liegt bei ca. 20°, d.h. am häufigsten sind wir bei Neigungen von 10°-30° unterwegs. Neigungen über 40° suchen wir bereits sehr selten auf. Vergleiche mit weiteren Datensätzen zeigen, dass ein eventueller Daten-Bias der GPS-Tracks eine untergeordnete Rolle spielt.
  3. Rot: Diese Kurve setzt die Lawinenunfallhäufigkeit in Bezug zur Begehungshäufigkeit. Dies geschieht durch eine einfache Division der orangen Linie durch die blaue Linie. Die rote Kurve widerspiegelt das relative Risiko eines Lawinenunfalles in Abhängigkeit der Hangneigung. Interessanterweise rückt der Peak nun nach rechts. Er liegt bei ca. 44°. Oberhalb 44° nimmt das Lawinenrisiko nur langsam ab.

Die gestrichelten Linien zeigen die Rohdaten. Die durchgezogenen Linien ergeben sich durch eine Kernel-Glättung. Diese ist notwendig, um die Kurven dividieren zu können. Alle drei Kurven wurden so normalisiert, dass die durchschnittliche Häufigkeit bei 1 zu liegen kommt. D.h. alle drei Kurven weisen dieselbe Fläche auf, sie sind in vertikaler Richtung jedoch nicht direkt vergleichbar.

Fazit:

Im Bereich zwischen 25° und 45° nimmt das Lawinenrisko massiv zu. Insbesonere im zwischen 37° und 41° steigt das Risiko nochmals stark an. D.h. je steiler desto risikoreicher. Oberhalb von 45° nimmt das Lawinenrisiko nur langsam ab. Das ist jedoch wenig relevant, denn solches Gelände suchen wir nur äusserst selten auf. Die Auswertung zeigt, dass Daten zu Lawinen grundsätzlich immer in Relation zur Begehungshäufigkeit gesetzt werden müssen. Verteilungen, die nur Daten zu Lawinen berücksichtigen, werden der Sache nicht gerecht. Namentlich gilt dies auch, wenn Neigungsverteilungen bei unterschiedlichen Gefahrenstufen verglichen werden.